Bier

[204] Bier, ein kohlensäurehaltiges, geistiges, nahrhaftes Getränk, wird aus gekeimten Zerealien und ähnlichen stärkemehlhaltigen Substanzen (meist Gerste, seltener Weizen, Hafer, Mais, Reis, Kartoffeln) unter Zusatz von Hopfen und Hefe durch geistige Gärung ohne Destillation gewonnen. Die Herstellung des B., die Brauerei, zerfällt in 1) das Mälzen oder die Malzbereitung, 2) die Würzebereitung, 3) die Gärung, 4) die Aufbewahrung und Behandlung des B. – Das Mälzen, d.h. die Verwandlung der Gerste in Malz, besteht in einer künstlich hervorgerufenen Keimung, bei der die Diastase erzeugt wird, ein lösliches chem. Ferment, das bei höherer Temperatur in Gegenwart von Wasser das Stärkemehl in lösliche Kohlehydrate, bes. Maltose, verwandelt; beim Keimen entstehen auch Produkte, die durch den folgenden Darrprozeß aromatische, den Geschmack des B. verbessernde Stoffe liefern. Bei der Würzebereitung wird das zerkleinerte (»geschrotene«) Malz mit Wasser gemischt (»gemaischt«), wobei unter einer bestimmten Temperatur gewisse Stoffe (Maltose, Isomaltose, Dextrin, Eiweißkörper, Amide, Mineralstoffe, Säuren, Salze, Fett) im Wasser gelöst werden. Das nun folgende Abläutern besteht in der Trennung der klaren Würze von den festen Maischerückständen, den Biertrebern, die als Viehfutter dienen. [204] Durch das Kochen der Würze bezweckt man ihre Konzentration, die Ausscheidung von Eiweißstoffen, die Extraktion des Hopfens und gewisse chem. Veränderungen. Die gekochte Würze wird auf Kühlschiffen (flachen Gefäßen) und andern Kühlapparaten abgekühlt und dann unter Zusatz von Hefe (»Satz« oder »Zeug«) der Gärung unterworfen, wobei ein Teil des Zuckers in Alkohol und Kohlensäure zerlegt wird; die Hauptgärung erfolgt im Gärkeller, eine schwache Nachgärung im Lagerkeller. Die Hauptgärung ist entweder eine Untergärung, die bei 5-10,5° C., oder eine Obergärung, die bei 12,5-25° C. verläuft; erstere dient zur Erzeugung bayr. und ähnlicher B., in Deutschland und Österreich vorherrschend, letztere für Weiß-B., engl., belg. und franz.B. Das von den Gärgefäßen abgezogene »Grün- oder Jung-B.« wird im Lagerkeller auf Fässer gefüllt, wo es nachgärt, sich durch Absetzen der Hefe klärt und die langsam sich bildende Kohlensäure aufnimmt. B. mit kurzer Lagerdauer (drei bis sechs Wochen) heißen Schank-, Abzug- oder Winter-B., solche mit mehrmonatiger Lagerung Lager- oder Sommer-B. Die Klärung während des Lagers wird durch Zusatz von Klärspänen (Haselnuß- oder Buchenspänen) oder Hausenblase beschleunigt; zur weitern Klärung wird das fertige B. beim Abziehen durch Zellulose- oder Asbestfilter gepreßt. Das fertige B. hat 1-9 Proz. Alkohol, 3-15 Proz. Extraktstoffe, 0,2-0,5 Proz. Kohlensäure, 50-95 Proz. Wasser. – Vgl. Leyser (10. Aufl. 1899), Michel (3. Aufl. 1900), Windisch (5. Aufl. 1902), Schönfeld (1902), Lintner (3. Aufl. 1904).

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Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 204-205.
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