[427] Ich darf mich wohl erfreuen
An diesem Gnadentag,
Da man die heil'gen Weihen
Zum kleinen Kinde sprach.
Zum Kind, das groß geworden
Die Weihe treu erhielt,
Und in dem Christenorden
Zum ew'gen Heile zielt.
Daß vierundzwanzig Tage
Man dich ließ Heidin sein,
Das bracht' dir manche Plage
Und Trug und falschen Schein.
Es tränkten alle Musen
Dich, außer Christi Hut,
Am vollen Sinnenbusen
Mit regem Lebensblut.
Du lerntest Träume spinnen,
In Kranz und Blumenspiel
Gar mancherlei ersinnen
Was nicht dem Herrn gefiel.
Du lerntest Lieder singen,
Die dich zur Welt gewandt,
Manch bunten Kranz zu schlingen,
Der an die Welt dich band.
Doch alle diese Künste
Sie wurden heut gekehrt
Zu einem heil'gen Dienste,
Der nur das Ew'ge ehrt.
In jenem heil'gen Bade
In jenem Heilerguß,[428]
Da schöpftest du die Gnade,
Von der ich leben muß.
Du liebes gutes Wesen,
Ertauftes Christenkind,
Mit dir bin ich genesen,
Ich war ein Heide blind.
Bin wieder auch geboren
Hab' Mut von deinem Mut,
Was alles ich verloren
Ersetzt mir Jesu Blut.
Das hast du mir von Herzen
Gleich anfangs zugesagt,
Als ich die bittern Schmerzen
Zu Füßen dir geklagt.
Und alle dies Erbarmen
Das kam heut über dich,
Du Kind auf Trostes Armen
Wardst auch ein Christ für mich.
Drum darf ich heut dich grüßen
Du fandst mich nah dem Tod,
Ließ'st Tränen auf mich fließen
Und tauftest meine Not!
Ausgewählte Ausgaben von
Ausgewählte Gedichte
|
Buchempfehlung
»In der jetzigen Zeit, nicht der Völkerwanderung nach Außen, sondern der Völkerregungen nach Innen, wo Welttheile einander bewegen und ein Land um das andre zum Vaterlande reift, wird auch der Dichter mit fortgezogen und wenigstens das Herz will mit schlagen helfen. Wahrlich! man kann nicht anders, und ich achte keinen Mann, der sich jetzo blos der Kunst zuwendet, ohne die Kunst selbst gegen die Zeit zu kehren.« schreibt Jean Paul in dem der Ausgabe vorangestellten Motto. Eines der rund einhundert Lieder, die Hoffmann von Fallersleben 1843 anonym herausgibt, wird zur deutschen Nationalhymne werden.
90 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.
430 Seiten, 19.80 Euro