Zwölfter Brief.

An den Herrn Grafen von ..... in Berlin.[126] 1

à Worms ce 4me d'Avril en 1771.


Monseigneur,


Siehe da mich endlich in Stand zu präsentir an Ihre Excellenz eine hübsche kleine Mädgen, die ich führe mit mir seit ein Paar von Monath, wie ein Schatz, den ich Ihr aufbewahr.[126]

Das ist nicht, daß ich davon nicht hätte können finden bis dahin, die würden haben gezählt zum Glück, anzugehören an Ihre Excellenz. Aber ich würde davon haben können begegnen kaum, die gegleicht hätten derjenigen, wovon ich komme zu reden, und die ein Hazard hat geliefert in meine Hände.

Ihre Excellenz weiß, daß Sie mir schrieb, daß, in Zurückkehren von Spaa, ich sollte anwenden eine Theil von unser Gewinst, um Ihr zuzuführen eine hübsche Maitresse. Ich mich erkundigt da und dort, aber alles was ich fand ne me convenoit pas. (Ich weiß nicht, wie man ausdrückt das in Teutsch, und doch ich liebe zu schreiben teutsch, seitdem daß ich kenne diese Sprache, und daß ich Ihr mach Vergnügen, indem derselben mich bedienen, obgleich ich sey verbunden zurückzulaufen auf jeden Augenblick an einem Dictionair.)

Endlich eine sonderbare Aventüre mich führte gegenüber von einem jungen Menschen,[127] der war auf der Verzweiflung, weil man ihm hatte entführt seiner Geliebte. Er machte mich Vertraueter von seinen Strafen, und ich ergriff den Augenblick, um ihm anzubiethen meine Dienste. Er beladete mich selbst von einem Briefe für seine Schöne, im Fall, daß ich sie könnte finden, und ich war genug geschickt um auszugraben ihren Aufenthalt, nachdem zu haben verhandelt den jeune damoiseau an die Werber der Preussen.

Ich machte nun Gebrauch von seinem Billet, um zu entreissen die junge schöne Person der Aufsicht von einer alten Gouvernante, indem ihr versprechend, sie zu liefern in die Hände von ihrem Liebhaber, den ich ihr verkaufte für meinen Freund. Und also, im Ergreifen einen Weg durchaus entgegengesetzt zu demjenigen, den er hatte genommen, kam ich an mit ihr hier in Worms.

Ich verstellte seyn in Verzweiflung, nicht zu finden unsern Mann; Unterdessen[128] ich sie behandelte mit der letzten Ehrerbiethung möglichst.

Sie gab in den Garn zu Anfang, weil ich ihr versprach die Neuigkeiten von ihrem Geliebten. Ich verstellte selbst zu haben von seinen Briefen, in welchen er mir meldete, wollen kommen in Wenigem. Aber endlich sie schien sich zu mistrauen von meiner Aufrichtigkeit. Ihre Betrübniß wuchs von Tag zu Tag, nicht habend mehr Geld, und nicht davon wollend annehmen von mir. Endlich sie fiel sogar krank von Unmuth. Ich leyhete ihr alle Hülfe möglichst, und träumend, daß sie würde seyn mehr ruhig zur Seite von einer Frau, ich ihr ließ eine Alte von meiner Bekanntschaft, vorgebend wollen suchen ihren Geliebten, aber in der That, um ihr zu geben die Zeit, sich zu machen an ihr Schicksal, und um zu arranger, die Sache von dem Lotto in .... wie es weiß Ihre Excellenz.[129]

Aber bevor zu reisen, ich unterrichtete wohl die alte Frau, wie sie sollte sich nehmen mit ihrer jungen Mädgen. Ich ließ ihr alle Arten von Romanen, die sie ihr sollte anbiethen zu lesen. Zu gleicher Zeit ich schrieb zwey Briefe, einen an ihre Eltern, den andern an den jungen Menschen nach Potsdam. Ich bildete nach so gut ihre Hand, daß sie selbst sich dabey hätte betrogen. Ein feiner Teutscher mir kam zu Hülfe im Arrangement von dem Styl. Ich schrieb an ihre Mutter: daß sie sich war verheyrathet an ihren Freund, und an den Amant: daß er nicht sollte träumen an ihr, und daß sie hätte gehabt das Glück, zu finden eine Partie wohl mehr convenable.

Von der andern Seite ich unterdrückte die Briefe, welche sie schrieb, sie selbst, und die waren erfüllt von Verzweiflung und Reue.

Während die zwey Monathe, daß ich war abwesend, ihre Krankheit vermehrte von[130] Tag zu Tag. Sie hat nicht verlassen das Bette. Unterdessen die alte Frau hat gewonnen ihre Zuneigung, vorgebend, daß sie zöge das Geld, das sie bezahlte täglich für sie, aus der Arbeit ihrer Hände. Die Demoiselle hat gütlich versprochen zu ersetzen alles, sogleich daß sie würde haben Antwort von ihren Eltern, dies mich hat gemacht lachen.

Ueber diese Begebenheit ich ankam gestern, und ihr mitbrachte einen Brief von ihrem Geliebten, aber den ich hatte geschrieben selbst, und in welchem ich hatte gelegt zehn Louisd'or, begleitet von der Bitte, zu kommen mit Monsieur de la Saltière, sein lieber Freund, eiligst nach Berlin, wo er wäre placiert vortheilhafterweise, aber abgehalten durch eine Fluxion am Fuß, sie abzuholen in Person.

Die Kleine schauderte fast von Freude, zu dem Anblick von diesem Briefe. Sie gab sogleich vier Louisd'or von dem Gelde an die Alte, versprechend ihr zu schicken mehr.

Es ist wahr, daß sie schien zu fühlen einen leichten Widerwillen, zu reisen mit mir. Aber[131] endlich sie sich entschloß, und wir uns werden in die Route machen diesen Abend, nehmend den Weg durch Würzburg.

Ich zähle doch anzukommen mit ihr gegen den 15ten von diesem Monath in Berlin, und werde setzen Fuß an Erde in dem Hause von Valet de Chambre von Ihre Excellenz, von woher ich werde haben sogleich die Ehr, Sie zu avertir, um zu arranger das Uebrige.

Endlich Ihre Excellenz fühlt wohl, daß ich habe gewesen verpflichtet zu machen starke Depense, und daß mir übrigbleibt wenig von Geld, das Sie hat wohl gewollt lassen in meinen Händen. Aber auch ich halte mich versichert, daß Sie Sich davon reuen wird nicht, habend die Ehre zu seyn mit dem mehr tiefen Respect,


Von Ihre Excellenz


der mehr unterthänige Diener

Jean Marie de la Saltière.

Fußnoten

1 Wenn die Leser am Ende dieses Briefes den Nahmen la Saltière lesen; so werden sie bald merken, daß dies derselbe würdige Franzmann ist, welcher im sechsten Briefe des zweyten Theils auftrat, wo man ihn die jetzige Frau von der Hörde nebst ihrem Geliebten in ein schlechtes Haus führen sah. Es scheint also, als wenn dieser Herr nicht die edelste Art von Gewerbe triebe.


Quelle:
Knigge, Adolph Freiherr von: Der Roman meines Lebens, in Briefen herausgegeben. 4 Teile, Teil 3, Riga 1781–1783, S. 133.
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