Zweites Kapitel

[3] Jeder Satz sagt entweder ein einfaches Sein, oder ein nothwendiges Sein oder ein statthaftes Sein aus und ein Satz kann in Bezug auf diesen Zusatz entweder bejahend oder verneinend lauten; ferner können sowohl die bejahenden wie die verneinenden Sätze entweder allgemein oder beschränkt oder unbestimmt lauten. Von diesen Sätzen muss nun der, welcher einfach allgemein und verneinend lautet, in seinen Begriffen sich umkehren lassen; wenn z.B. keine Lust ein Gut ist, so ist auch kein Gut eine Lust. Der bejahende allgemeine Satz lässt sich zwar auch umkehren, aber er lautet dann nicht mehr allgemein, sondern beschränkt; wenn z.B. jede Lust ein Gut ist, so ist auch einiges Gute eine Lust. Von den beschränkten Sätzen lässt sich der bejahende in einem beschränkten umkehren (denn wenn einige Lust ein Gut ist, so ist auch einiges Gut eine Lust); bei verneinenden Sätzen ist dies aber nicht nothwendig; denn wenn der Mensch in einigen Geschöpfen nicht enthalten ist, so ist doch nicht auch das Geschöpf in einigen Menschen nicht enthalten.

Zunächst soll also der Satz A B verneinend und allgemein lauten. Wenn also hiernach A in keinem B enthalten ist, so wird auch B in keinem A enthalten sein.[3]

Denn wenn B in einigen von A, z.B. in C enthalten wäre, so wäre es nicht wahr, dass A in keinem B enthalten sei, denn C ist Einiges von B.

Wenn dagegen A in allen B enthalten ist, so wird auch B in einigen A enthalten sein; denn wäre es in keinem A enthalten, so könnte auch A in keinem B enthalten sein. Wenn aber A in einigen B nicht enthalten ist, so muss deshalb nicht auch B in einigen A nicht enthalten sein. Ist B z.B. das Geschöpf und A der Mensch, so ist zwar der Mensch nicht in allen Geschöpfen, aber wohl das Geschöpf in allen Menschen enthalten.

Quelle:
Aristoteles: Erste Analytiken oder: Lehre vom Schluss. Leipzig [o.J.], S. 3-4.
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