Schwäche

[496] Schwäche, 1) (Debilitas), Gegensatz von Kraft, ein passiver Zustand, welcher aber nicht in einer völligen Kraftermangelung, sondern nur in dem Abgange eines erforderten Grades von Kraft besteht. Bes. tritt ein Schwächezustand in Krankheiten hervor; ja es besteht keine Krankheit, welche nicht mit einem Schwächezustand begleitet wäre, wenn auch derselbe im Beginn u. Verlaufe durch einzelne ungehörige Kraftäußerungen von einer anderen Seite auf einige Zeit aufgehoben, meist aber auch nur versteckt wird: Aber auch bei Gesundheit gibt es Schwächezustände u. zwar zunächst relative, aber dauernde, in Vergleichung eines übrigens ungestörten Gesundheitszustandes einzelner Individuen mit anderen Menschen. Dies bezeichnet man als schwächliche Constitution. So sind Weiber schwächer als Männer, Kinder schwächer als Erwachsene Greise schwächer als Menschen in frischen Jahren. Auch klimatische Einflüsse, Lebensart, Gewöhnung, nationaler Charakter etc. wirken in dieser Hinsicht ein. Andere Schwächezustände wechseln periodisch. Mit Schluß eines jeden Tages stellt sich der Schwächezustand ein, welcher zum Schlaf führt; starke Bewegung u. Anstrengung überhaupt, Mangel an Nahrung od. unkräftige Nahrung haben einen Schwächezustand zur Folge. Andere Schwächezustände sind unverhältnißmäßige Anstrengungen, u. gehören zu der prädisponirenden Ursache von Krankheiten; so Überladung des Magens, geschlechtliche Ausschweifung. Die S. ist von einer eigenen Empfindung begleitet, welche dem Gemeingefühl angehört, zugleich aber auch mit Unfähigkeit von den Körperorganen den ihnen zukommenden Gebrauch zu machen. Das Gefühl grenzt im höheren Grade an Schmerz u. gebt wohl auch wirklich in Schmerz über. Die S. kann sich aber ebenso über den ganzen Organismus verbreiten, wie einzig u. vorzugsweise auf einzelne Organe. Auch hier gibt es individuelle Eigenheiten. Die Veranlassungen zu solchen örtlichen S-n sind theils Mangel an gehöriger Entwickelung u. Ausbildung eines Organs (constitutionelle S.), theils vorherige stärkere Anstrengungen, theils eine Kraftentziehung durch Verwendung der Lebenskraft, unter höherer Regsamkeit anderer Organe. So kann eine individuell gewordene Verdauungsschwäche eben so durch vorherige Unmäßigkeit in Speise u. Trank entstanden sein, als durch zu starke, geistige Anstrengungen etc. Zufällige stärkere Einwirkungen auf ein Organ führen entweder zu krankhafter S. od. sind schon solche, wie bei Lähmungen. Über directe u. indirecte S. (Asthenie), s.u. Brownianismus. Geistesschwäche beruht auf Mangel der Bedingungen, von denen die Kraft u. Energie der Geistesthätigkeit abhängt, u. auf Mangel an gehöriger Übung u. Ausbildung des geistigen Vermögens. Wie einzelne Körperorgane Zuständen der S. unterliegen, ja zeigen Menschen sich auch geistig oft in einzelnen Richtungen schwach. Hierauf beruhen die verschiedenen Zustände von Verstandesschwäche, Apathie u. Charakterlosigkeit, mit ihren mannigfaltigen Nüancen u. Gradationen. So sind Menschen nur gegen gewisse Anregungen von Sinnlichkeit schwach, andere nur gegen andere Menschen, welche sie beherrschen. Allgemeine geistige S., wo sie in hohem Grade vorhanden ist, nähert sich dem Blödsinn. 2) Der Ort, wo ein Gegenstand schwach ist, bes. 3) die obere Hälfte der Degen- u. Rappirklingen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 496.
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